Warum die Pläne für das neue FC-Aarau-Stadion älter sind als einige Fans
Das Stadion Brügglifeld wurde am 12. Oktober 1924 eingeweiht. Der FC Aarau traf damals im Rahmen eines Freundschaftsspiels auf den amtierenden Schweizer Meister FC Zürich. In all den Jahren seines Bestehens wurde das Stadion Zeuge vieler Ereignisse und Veränderungen. Beispielsweise brannte im September 1929 die Holztribüne komplett ab. Innerhalb von zwei Monaten wurde diese wieder aufgebaut und hat 53 Jahre ihren Dienst geleistet.
Hast du noch Bilder vom Brügglifeld? Dann schicke sie uns doch zu.
1982 wurde – nach etwa einem Jahr Bauzeit – die noch heute bestehende Haupttribüne eingeweiht. Im Stadion durften aber auch immer wieder historische Momente gefeiert werden. Ein Highlight dürfte der Gewinn der Schweizer Meisterschaft im Jahr 1993 gewesen sein. Neben der Sehnsucht nach weiteren sportlichen Erfolgen ist bereits damals das Verlangen nach einem neuen Stadion gestiegen. Dass sich die Umsetzung und Realisierung eines neuen Stadions über Jahrzehnte hinweg ziehen wird, konnte damals noch niemand ahnen. Die Fortschritte, Meilensteine, Rückschläge und der Stillstand des neues Stadions in einer Übersicht.
Vision 2002
Bereits im Jahr 1985, als der FC Aarau den Cup-Pokal gewann, wurden die ersten Rufe nach einem neuen Stadion laut. 1994 präsentierte der Klubpräsident einen Plan unter dem Namen «Vision 2002», wie die Wochenzeitung «WOZ» schrieb. Die neue Spielstätte sollte in der Kiesgrube in Schafisheim entstehen. Geplant war ein Stadion für rund 20'000 Zuschauerinnen und Zuschauer samt einem Casino. Ende 2001 kam allerdings aufgrund von wirtschaftlichen Gründen das Aus für den Fussballtempel. Ernst Lämmli, damaliger Präsident des FC Aarau, sagte gegenüber der «Aargauer Zeitung», dass die Finanzen zwar knapp gewesen seien, gescheitert sei das Projekt allerdings am Widerstand ein paar Weniger im Verein.
Projekt «Mittellandpark»
Das erste Projekt im Gebiet Torfeld Süd geht ins Jahr 2002 zurück, wie der FC Aarau auf seiner Homepage schreibt. Aarau sollte im Süden des Bahnhofs nicht nur ein neues Stadion, sondern gleich noch einen neuen Stadtteil bekommen. Der Mittellandpark hätte 520 Millionen Franken gekostet. Der Stadtrat wollte 25 Millionen Franken an die Stadion-Kosten von insgesamt 127 Millionen Franken in Form eines A-Fonds-perdu-Darlehens (mit Rückzahlungsverzicht) beitragen.
Im September 2005 lehnten die stimmberechtigten Aarauerinnen und Aarauer das Projekt ab. 2824 Personen stimmten für Ja, während 3831 für Nein stimmten. Das Thema bewegte die Stadt Aarau schon damals. Das zeigt sich auch an der Stimmbeteiligung, welche bei 63 Prozent lag, wie die Zeitung schrieb. «Das ist die bitterste Niederlage des FCA», erklärte der frühere Vereinspräsident Michael Hunziker. «Ja oder nein, zur Mittellandarena heisst auch Ja oder Nein zum FC Aarau. Ohne neues Stadion wird es den Verein in dieser Form nicht mehr geben. Nach der Saison 2006/07 ist Schluss», sagte er damals im Abstimmungskampf.
Die Hoffnung ist zurück
Die Gründe des Scheiterns wurden anderthalb Jahre lang vom Stadtrat analysiert. Im Zuge dessen wurde unter anderem eine Bevölkerungsumfrage durchgeführt. Im Frühling des Jahres 2007 wurde ein zweiter Anlauf genommen. Der Aarauer Stadtrat beantragte beim Einwohnerrat einen Planungskredit von 1,7 Millionen Franken für ein Stadion im Torfeld Süd. Der Einwohnerrat stimmte mit 36 gegen zehn Stimmen zu. Mit 1350 Unterschriften kam ein Referendum dagegen zustande. Die Abstimmung an der Urne im Oktober 2007 war jedoch eine klare Sache. Mit 4363 Ja zu 218 Nein wurden die 1,6 Millionen Franken genehmigt.
Im Februar 2008 stimmten die Arauerinnen und Aarauer über den Kredit von 17 Millionen Franken ab, mit dem sich die Einwohnergemeinde am Bau des Stadions beteiligen wollte. Das Resultat war mit 3747 Stimmen dafür und 1928 dagegen eindeutig. Der Weg zum neuen Stadion gestaltete sich allerdings nach wie vor als holprig. Etwas später geriet der FCA jedoch auf dem Spielfeld ins Straucheln. Der Abstieg in die Challenge League war im Mai 2010 dann Tatsache.
Abstimmungserfolge und Einsprachen
Die Nutzungsplanung schaffte nun auch die letzte politische Hürde. In einer Referendumsabstimmung hiess das Volk die Spezialzone Torfeld Süd als auch den Gestaltungsplan mit einer Mehrheit von 65,5 Prozent gut. Dem Spatenstich wäre jetzt an und für sich nichts mehr im Wege gestanden, wenn da nicht die Einsprachen gewesen wären. Gemäss der AZ gingen 2009 41 davon gegen den Gestaltungsplan und das Stadion-Baugesuch ein.
Im 2011 wies die der Aargauer Regierungsrat die verbliebenen Beschwerden vom Sommer 2009 ab und genehmigte die Spezialzone Torfeld Süd und den Gestaltungsplan. Einige Bewohnerinnen und Bewohner des Gönhard-Quartiers ziehen ihre Beschwerde ans kantonale Verwaltungsgericht weiter. Der Einwohnerrat entschied am 14. November 2011 auf eine polysportive Mantelnutzung im Stadionkomplex zu verzichten.
Viel Aufwand – wenig Ertrag
Die Immobiliendienstleisterin HRS Real Estate AG musste darauf das Projekt überarbeiten, da das Baugesuch ein zweites Mal aufgelegt wurde. Doch blieben manche optimistisch, dass bald ein modernes Fussballstadion das Aarauer Stadtbild zieren sollte. So rechnete gemäss der AZ die Grundeigentümerin Mobimo Holding damit, dass das Stadion im Jahr 2015 fertig sein sollte.
Doch auch als die Baufirma 2012 ein komplett überarbeitetes Projekt präsentierte, gab es immer noch diejenigen, welche nicht zufrieden waren. Es gingen vier Einsprachen ein, wovon drei nach langen Verhandlungen zurückgezogen wurden. Letztere sollte über die Kantonsgrenzen hinaus an Bekanntheit gewinnen.
Erfolg und Niederlage nah beieinander
Die Saison 2012/13 verlief aus Aarauer Sicht traumhaft. Ab der siebten Spielrunde befanden sich die Kantonshauptstädter ununterbrochen auf dem ersten Tabellenplatz. In der 34. Runde bedeutete der 1:0 Heimsieg gegen den FC Chiasso den erneuten Aufstieg in die Super League. Es ist bis zum heutigen Tag das letzte Mal, dass im Brügglifeld ein grosser Triumph gefeiert werden konnte.
Im Jahr 2014 war die Baubewilligung für das neue Stadion dann endlich Tatsache. Doch schnell folgte eine weitere Hürde. Der letzte verbliebene Einsprecher reichte gegen die Baubewilligung eine Beschwerde ein. Der Aargauer Regierungsrat wies die Beschwerde des Anwohners am 21. Januar 2015 ab. Dieser wollte jedoch nicht aufgeben und zog bis vor das Bundesgericht. Die dortigen Richter entschieden vorerst, dass das hängige Verfahren keine aufschiebende Wirkung habe. Die Stadt inklusive Bauherrin HRS warteten trotzdem mit dem Baubeginn.
Im Mai 2015 folgt ein weiterer Schlag für alle FCA-Fans. Nach nur zwei Saisons in der höchsten Spielklasse ist der Abstieg in die Challenge League unausweichlich. Bis heute hat der FCA den Wiederaufstieg nicht geschafft. Immerhin gab es im 2016 gute Nachrichten. Das Bundesgericht wies die Stadionbeschwerde ab, was gleichbedeutend war mit: Das Stadion kann gebaut werden!
Projekt «Plan B»
Wie der FC Aarau schreibt, erwies sich die Strategie, das Stadion mit einem Einkaufszentrum als Mantelnutzung querzufinanzieren nicht mehr als zeitgemäss. Zusätzlich kamen strengere Auflagen der Swiss Football League für den Stadionbau- und Betrieb sowie Änderungen von Vorschriften und Gesetzen. Im Jahr 2017 war daher eine Teiländerung der Nutzungsplanung nötig.
Das Projekt wurde als «Plan B» neu aufgegleist. Statt eines Einkaufszentrums sollen gemäss dem FC Aarau nun drei Hochhäuser als Mantelnutzung entstehen. Die Projektveränderungen brachten zwei neue Volksabstimmungen mit sich. Die Aarauer Stimmbevölkerung stimmte im November 2019 mit rund 60 Prozent Ja-Stimmen dem städtischen Beitrag von 17 Millionen Franken für das neue Stadion ein weiteres Mal zu. Gleichzeitig wurde ebenfalls die Teiländerung der städtischen Bau- und Nutzungsordnung (BNO) gutgeheissen. Gegen diese Teilrevision wurde später nochmals eine Beschwerde eingereicht.
So sieht es in den 2020ern-Jahren aus
Im November 2022 hat das Bundesgericht als letzte Instanz die Beschwerde gegen die Teiländerung BNO abgewiesen. Dem zufolge sind die Abweichungen vom kantonalen Richtplan von keiner grossen Bedeutung und sachlich gerechtfertigt.
Als nächster Schritt liegt es Laut dem FC Aarau nun an der Stadt Aarau, den folgenden Gestaltungsplan aufzubereiten, und dem Stadtrat zum Beschluss vorzulegen.
Frustration bei Fans
Die Sorgen und der Ärger rund um das Stadion, welches bislang nicht umgesetzt wurde, kennen die jüngeren FCA-Fans beinahe von klein auf. Einer sagt gegenüber ArgoviaToday: «Das Ganze ist für mich unbegreiflich. Der Plan für ein neues Stadion ist sogar älter als ich selbst». Ein anderer ist der Meinung, dass ein neues Stadion nicht bloss für den FC Aarau, sondern für die gesamte Gesellschaft von grosser Wichtigkeit sei. «Es gibt nichts, was so viele Menschen mit verschiedenen Herkünften, Kulturen und politischen Meinungen so stark verbindet wie der Sport. Deshalb ist es wichtig, dass dieses Stadion gebaut wird und der FC Aarau weiterhin so wie bis jetzt bestehen kann». Ob die beiden Fans in den nächsten Jahren ihren Verein in einem neuen modernen Stadion anfeuern und zu jubeln dürfen, wird sich in Zukunft noch zeigen müssen.