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Aarau: Bilanz nach vier Jahren Viertageswoche bei gleichem Lohn

Viertageswoche

Andreas Ott: «Mehr Zeit zum Leben»

Weniger lang arbeiten bei gleichem Lohn. Das Aarauer Grafikunternehmen a+o hat vor vier Jahren diesen Schritt gewagt. Statt fünf Tage pro Woche, wird im Kreativbüro in der Aarauer Innenstadt nur noch an vier Wochentagen gewerkt.

Wochenende ab Donnerstagabend. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Aarauer Kreativbüros a+o ist das nicht nur Wunschdenken. Vor vier Jahren hat Andreas Ott, Inhaber des Grafikunternehmens, die Arbeitszeit bei gleichem Lohn von fünf auf vier Tage gekürzt. Er war gerade Vater geworden und wünschte sich mehr Zeit für sich und seine Familie. Seine damals einzige Mitarbeiterin war sofort dabei. Ob das aufgehen würde, wusste er damals noch nicht.

Mehr Effizienz und Lebensqualität

Heute, vier Jahre später, ist klar: Die Rechnung ging auf. «In diesen vier Tagen schaffen wir - ohne Überstunden - gleich viel, wie vorher in fünf Tagen.», erklärt Andreas Ott.

Und trotz gesteigerter Effizienz seien die Tage nicht stressiger und auch Pausen hätten nach wie vor Platz. Aber am Montag seien sie jeweils wieder mit vollem Elan bei der Arbeit, müde, inspirationslose Stunden fielen weg. Gleichzeitig hätte man mehr Zeit zum Leben, meint Andreas Ott. Etwa Zeit für die Familie, oder auch für Weiterbildungen oder ehrenamtliches Engagement.

Bescheidenheit als Voraussetzung

Schwierig sei manchmal die Kommunikation nach aussen. Etwa Druckereien oder Fotografinnen und Fotografen mussten sich erst daran gewöhnen, dass am Freitag niemand im Grafikbüro auf Anrufe oder Mails reagiere. Es sei deshalb wichtig, klar zu kommunizieren, wann die Bürozeiten sind. Mittlerweile hätte sich dieses Problem jedoch gelöst, mehrere Partnerfirmen hätten sich vom Projekt Viertageswoche anstecken lassen, und hätten auch einen dritten Ruhetag eingeführt.

Im Kreativbüro a+o fällt dieser zusätzliche Ruhetag auf den Freitag. Für Ott als Inhaber sei es wichtig, dass der Ruhetag im ganzen Büro gemeinsam bezogen werde. «Wenn am Freitag einfach dunkel ist im Büro, ist es viel einfacher, abzuschalten», sagt Ott.

Ausserdem brauche es auch eine gewisse Bescheidenheit für eine derartige Arbeitszeitverkürzung: «Ich könnte auch sechs Tage pro Woche arbeiten, mehr Gewinn ausschütten und reich werden. Das ist aber nicht mein Ziel.»

Für manche Branchen keine Option

Für das Grafikunternehmen war die Umstellung auf die Viertageswoche ein voller Erfolg und Ott wünscht sich, dass auch andere Firmen dieses Modell übernehmen. Für alle Branchen würde das jedoch nicht funktionierten, stellt Ott klar: «Ein Lastwagenchauffeur könnte nicht einfach mit 160 nach Mailand fahren, um in vier statt fünf Tagen da zu sein».

Ein Modell für die Zukunft?

Was für uns nach Wunschdenken klingt, ist andernorts indes bereits Realität. So hat Island im Juli die Viertageswoche für einen Grossteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeführt. Das, nachdem der Inselstaat von 2015 bis 2019 die Viertageswoche mit 2500 Arbeitnehmenden getestet hatte. In dieser Zeit sei die Produktivität gleichgeblieben oder hätte sich sogar verbessert, und das bei deutlich höherer Zufriedenheit. Auch Spanien will noch in diesem Herbst damit anfangen, die Viertageswoche zu testen. Unter anderem um mehr Arbeitsplätze zu schaffen, denn setzen fünf Beschäftigte jeweils einen Tag pro Woche aus, könnte das Unternehmen einen zusätzliche Vollzeitkraft einstellen, um das Pensum aufzufangen, so die Idee. Die zusätzlichen Kosten übernimmt in Spanien der Staat.

Quelle: ArgoviaToday
veröffentlicht: 20. Oktober 2021 05:46
aktualisiert: 20. Oktober 2021 05:46