Diese Stadt besteht aus 72'000 Tonnen Diamanten
Gut vier Autostunden von Aarau entfernt befindet sich Nördlingen. An einem sonnigen Tag kann man in der bayerischen Stadt ein einzigartiges Phänomen beobachten. Von den Wänden der Gebäude scheint es zu glitzern und zu funkeln – und tatsächlich handelt es sich hierbei nicht um eine optische Täuschung, sondern ein weltweit einzigartiges Naturphänomen. In Nördlingens Gemäuern befinden sich schätzungsweise 72’000 Tonnen Diamanten.
Laut «BBC» liegt die Stadt Nördlingen im sogenannten Nördlinger Ries, einem 26 Kilometer breiten Krater. Im 9. Jahrhundert nach Christus zum ersten Mal urkundlich erwähnt, nahmen seine Bewohnerinnen und Bewohner stets an, es handle sich bei dem riesigen Loch um die Überreste eines erloschenen Vulkans. Erst in den 1960er-Jahren sollten sie erfahren, dass sie mit dieser Theorie falsch lagen. Und auch, dass ihre Stadt die höchste Konzentration von Diamanten rund um den Globus aufweist. Nicht nur das, sie ist buchstäblich auf ihnen aufgebaut. Und das ist nicht etwa einem Vulkan zu verdanken, sondern einer kosmischen Gewalt.
Einschlag eines Asteroiden
Es ist das Jahr 1960, als die US-Geologen Eugene Shoemaker und Edward Chao Nördlingen besuchen. Sie wollen mehr über den Ursprung des Nördlinger Ries erfahren und stellen bald fest, dass es sich dabei nicht um einen Vulkankrater handeln kann. Vielmehr haben sie eine kosmische Ursache im Verdacht, verantwortlich für die Bildung des gewaltigen Kraters zu sein. Dieser Verdacht wurde bald bestätigt. Sie entdecken nämlich, dass sich in den Mauern von Nördlingens Gebäuden unzählige Diamanten befinden. Ein Umstand, von dem die Bewohner bis dahin nicht die geringste Ahnung hatten – und der zu einer spektakulären Erklärung für die Entstehung des Nördlinger Ries führt.
Die Wissenschaftler beweisen, dass der Krater um Nördlingen vor etwa 15 Millionen Jahren durch den Einschlag eines gewaltigen Asteroiden entstanden sein muss. Einen Kilometer breit, raste er wohl mit einer Geschwindigkeit von 25 Kilometern pro Sekunde auf die Erde zu und schlug mit einer unfassbaren Gewalt ein. Dadurch entstand nicht nur der 26 Kilometer breite Krater, sondern auch die Diamanten. Geformt durch ungeheuren Druck und Hitze, wandelte sich der in dem Asteroid-Gestein enthaltene Kohlenstoff zu den Edelsteinen um.
Dass sie nicht schon viel eher entdeckt wurden, liegt wahrscheinlich an ihrer geringen Grösse. Weniger als 0,2 Millimeter im Durchmesser ist ein typischer Nördlinger Diamant gross.
Besuch von der NASA
Nördlingen ist seitdem Weltrekordhalter, denn nirgendwo auf der Welt sonst gibt es eine so hohe Konzentration an Diamanten im Gestein. Der Asteroideneinschlag brachte dem Ort nicht nur Weltruhm, sondern auch weiteren hohen ausländischen Besuch ein. Die Astronauten der Missionen von Apollo 14 und 16 besuchten das Nördlinger Ries vor ihrem Start ins All. Sie wollten sich hier darauf vorbereiten, welches Gestein sie gegebenenfalls im Weltraum finden und auf die Erde bringen könnten.
Da Nördlingen sprichwörtlich in den Asteroidenkrater gebaut wurde, hat zumindest sein alter Teil eine nahezu perfekt kreisrunde Form. Das begeisterte 1971 laut «Daily Mail» auch die Macher des Originalfilms von «Charlie und die Schokoladenfabrik», die hier eine märchenhafte Kulisse für ihren Dreh vorfanden. Ein besonderes Ziel in der Stadt ist wohl die evangelische St. Georgs-Kirche (auch «Daniel» genannt), denn allein hier sollen sich Diamanten von insgesamt 5000 Karat befinden.